18 September 2005

Internationale Fahrradmesse in Köln

Wer eine Messe in Köln besucht, sollte wissen, ob sie im West- (Hallen 1 bis 8, dem Rhein zugewandt) oder Ost-Teil (Hallen 9 bis 14) des Messegeländes stattfindet. Die beiden sind zwar durch Übergänge in der Etage verbunden, aber auf „Bodenhöhe“ durch eine Eisenbahnlinie und ein paar unbequeme Straßen getrennt. Wenn man am Hauptbahnhof aussteigt, klettert man am besten auf die Domplatte, denn von dort kommt man direkt zur Hohenzollernbrücke, der man bis an den Messebahnhof folgen kann. Dort gibt es dann ausgeschilderte Direktfußwege zu den einzelnen Messehallen. Und unterwegs kann man sich an den vorbeifahrenden Zügen auf der sechsgleisigen Brücke erfreuen.

Hier nun meine Beobachtungen:

  • Ich war so ungefähr von 14:30 bis 18:00 Uhr auf der Messe und habe die Hälfte aller Stände gesehen. Die Ausstellung ging über vier große Hallen und mangels Überblick kann ich nicht sagen, wie viel Stände mir entgangen sind.

  • Fast alle Räder haben Heute Rahmen aus Alu, selbst die „ganz guten“. Am Schwalbe-Stand war eines ausgestellt, das wenigstens noch spezielle Stahlgewinde ins Alu eingelassen hatte, so dass Schrauben besser halten. Eine Firma hat sich auch mit einer Magnesium-Legierung versucht, die sie in China „per Hand“ schweißen lassen, weil so etwas maschinell (angeblich?) nicht geht. Nur Brompton und Moulton bauen noch aus Stahl. Vom Brompton habe ich übrigens auch die Titan-Variante in die Hand genommen, die spürbar leichter ist als meines. (Allerdings auch ohne Gepäckträger.)

  • Kurz vor Schluss durfte ich auch noch mal kurz ein neues Brompton mit dem geraden Lenker zur Probe fahren. Dessen Vorbau ist wirklich deutlich steifer als bei meinem; ich habe es auch mit viel Kraft nicht zum Wackeln bekommen – mittelfristig werde ich wohl mein Brommi gegen so ein neues tauschen, denn der „Gummi-Lenker“ hat mich schon immer gestört.

  • Es gab besonders viele „Chopper“-Räder zu sehen (oder sagt man „Harley“ oder wie?). Die sahen ja oft wirklich nicht schlecht aus, aber mir ist gar nicht klar, wozu man so ein Rad verwenden soll: zum Sport ist der Rahmen natürlich überhaupt nicht geeignet und für alle anderen Zwecke fehlen Licht und Gepäck-Träger.

  • Ebenso stark vertreten waren die Elektro-Räder wobei fast alle Modelle einen Naben-Motor hatten. Dabei wachsen Fahrräder und Mofas zusammen: eines zum Beispiel sah aus wie ein Fahrrad, hatte aber Mofa-Technik an Bord (Teile der Gabel und so), während ein anderes mit einem Naben-Motor wie ein E-Rad ausgestattet war, aber die Bauform entsprach genau einem Motor-Roller (Scooter) mit einem breiten Sitz für zwei (mittelschwere) Personen, einem Durchstieg und kompletter Verkleidung. Ich durfte das Ding Probe fahren und es war total fetzig, lag gut in der Kurve, nur die Feder war viel zu schwach gedämpft, was beim z.B. beim Bremsen sehr störte.
    Übrigens hatten die E-Räder unabhängig von Hersteller und Bauform alle eine Reichweite um die 30 km. Für das Scooter-ähnliche Rad werden Treibstoffkosten von 1/25 eines Autos angegeben. (Die Leistung beträgt 1,1 kW, also weniger als 1/25 eines Autos, aber dafür wiegt es ja auch nur 80 kg.) Außerdem find ich toll, dass das Gefährt auch bei „Vollgas“ ganz leise ist und keinen lauten Motor-Leerlauf hat. (Ja überhaupt kein Getriebe!)

  • Das Thema Verkleidung bei Fahrrädern schien keine Rolle zu spielen. Nur HP Velotechnik stellte ein Rad mit seiner Vorderverkleidung „Streamer“ aus. Dabei halte ich eine Verkleidung eigentlich für wichtig, wenn man schnell fahren will und sich vor schlechtem Wetter schützen. Einige Spaß-Dreiräder habe ich gesehen und gedacht, dass ein Dreirad eigentlich ein guter Auto-Ersatz wäre, weil man eine Verkleidung anbringen kann, die nicht nur vorm Wetter schützt, sondern auch noch einen kleinen abschließbaren Kofferraum bietet. (Ich kenne jemanden, der sich das privat gebaut hat.) Übrigens hatte der E-Scooter auch zwei abschließbare Fächer, aber das größere hat nicht mal für einen Helm gereicht.

  • Es waren viele Taiwanesen da (vielleicht auch Chinesen), die nur Englisch sprachen (und das nicht immer flüssig) und einmal sprach ich auch mit Koreanern. Bei einem Taiwanesen habe ich ein Faltrad probiert, das laut Verkäufer dem Brompton ähnlich sei (was für den Faltmechanismus auch teilweise zu traf). Beim Falten desselben verletzte ich mir leicht die Hand und beim kräftigen Anfahren machte es so stark Männchen, dass mir fast schwindlig wurde. Das Hinterrad ist viel näher unterm Sattel als beim Brommi.

  • Die Koreaner hatten eine Modellpalette von Fahrrädern mit Kardan-Antrieb und vertreiben letzteren auch einzeln in Varianten für 20“ und 26“ Rahmen. Ein Faltrad mit Kardan gab es auch von Raleigh, das ging aber in den zig’ Modellen dieser Marke fast völlig unter.

  • Überhaupt haben viele Hersteller jetzt Falträder im Programm, aber eben nur aus Alu und das übliche Falt-Konzept, bei dem man sich die Finger einklemmt und das dann gefaltet nicht zusammen hält. Das eine taiwanesische Modell hielt gefaltet durch Schwerkraft zusammen (so wie das Brompton ungefaltet). Dahon habe ich leider auf der Messe gar nicht gefunden; muss mal im Prospekt nachschlagen ob sie überhaupt da waren.

  • Schließlich fand ich noch besonders lustig, dass an allen Eingängen Schilder herumstanden mit der Aufschrift „Das Einkaufen ist für Privatpersonen verboten.“ Denn das Verkaufen schien für die meisten asiatischen Aussteller Hauptbeschäftigung zu sein! Während die großen westlichen Marken, riesige Stände voller Fahrräder präsentierten, die am Ende der Messe noch genauso weit und breit umher standen, waren die kleinen asiatischen Stände bereits am späten Nachmittag fast leer und selbst noch vorhandene Räder durfte ich nicht ausprobieren, da „schon verkauft“. Als ich gerade ging, wurde eine Familie vom Sicherheitsdienst nicht herausgelassen, weil sie ein kleines Fahrrad gekauft hatten. Sie mussten damit zur „Clearingstelle“, wo sie dann wohl noch ein bisschen „gezöllt“ haben.
    Man muss allerdings dazu sagen, dass viele der Asiaten (noch) kein Vertriebsnetz in Deutschland haben. Viele haben auch Vertriebspartner gesucht.

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