24 September 2005

Eine Fahrt mit dem InterConnex

Eines Tages wollte ich von Berlin nach Ilmenau fahren und als ich mir am Automaten Verbindungen anzeigen ließ, enthielt eine Variante die Bemerkung „InterConnex, besonderer Fahrpreis, Fahrscheine im Zug erhältlich“. Die Verbindung mit dem InterConnex Zug hatte gute Anschlüsse zu den Zügen der DB und dauerte ungefähr genauso lange, wie eine Fahrt nur mit IC. (Eine effiziente ICE-Verbindung war gerade nicht verfügbar.)

Ich nutzte also diese Chance und nahm' die S-Bahn nach Berlin-Lichtenberg, wo mich zwei InterConnex-Züge auf gegenüberliegenden Bahnsteigen erwarteten. Hier offenbarte sich bereits der erste Nachteil von InterConnex: eine S-Bahn-Anschlussfahrt „Berlin Stadtbahn“ ist im InterConnex-Tarif nicht enthalten. Bei zehn Euro Fahrpreis machen sich die 2,10€ für ein zusätzliches S-Bahn-Ticket (Zone AB) schon bemerkbar.

Erstkontakt: Die nächste Feststellung war aber schon wieder positiv: die beiden in Lichtenberg wartenden Züge gehörten jeweils zu einer der beiden InterConnex-Linien (Nämlich Gera – Berlin – Rostock und Dresden – Berlin – Stralsund) und boten sich dort gegenseitig Anschluss. Als ich meinen Zug sah, war ich zunächst einmal von den Beschriftungen der Türen überrascht: anstatt erster und zweiter Klasse fand sich hier Traveller (in Blau) und Economy (in Gelb). Wie sich später herausstellte unterscheiden sich die beiden Abschnitte nur dadurch, dass sich alle reservierbaren Sitzplätze in Economy befinden und Traveller ist für Spontanfahrer, die ihren Fahrschein im Zug kaufen. Der Fahrscheinkauf im Zug erfolgt übrigens völlig problemlos und ist ohne Aufpreis möglich. Meiner Meinung nach, ist dies sehr bequem für Reisende und macht Automaten und Schalter völlig überflüssig. Außerdem kann man Fahrscheine noch telefonisch bestellen (und bekommt sie per Post) – eine Reservierung ist dann im Preis enthalten!

Die DB bietet hier nur einen kleinen Vorteil, weil man eine Reservierung auch noch bis zu zehn Minuten vorher am Automaten oder per Handy durchführen kann.

Besonders beeindruckt war ich von der Business-Class, bei der man für einen Pauschal-Aufschlag von 10€ einen Sitzplatz in einem Erste-Klasse-Abteil bekommt, plus einen Snack (Bockwurst o.ä.) plus zwei Getränke plus Tages- und Wochenzeitschriften zum Lesen. So einen Erste-Klasse-Service würde selbst ich gern einmal in Anspruch nehmen!

Preise: Generell scheinen die Preise von InterConnex trotz der kostenlosen Reservierung bzw. Zugverkauf unter denen der deutschen Bahn zu liegen. Zusätzlich gibt es noch einmal 30% Rabatt für Jugendliche bis 26 Jahre (wie mich!), für Mitfahrer (nur bei Vorraus-Kauf), für große Hund und andere Sonderfälle (wie ADFC-Mitglieder, was ich übrigens etwas seltsam finde). (Zum Vergleich: bei der DB zahlen Kinder bis 14 (?) Jahren nur 50%, aber dann den vollen Fahrpreis.) Trotz des Rabattes und des günstigen Preises scheint mir das Ticket aber noch etwas teurer zu sein, als ein IC-Ticket mit BahnCard 50. (Die ich ja schon habe.) Einen Fahrradstellplatz bekommt man für 5€ (nur möglich, wenn man vorher reserviert). Und eine Reservierung für ein Kind bis 6 Jahren (das selbst kostenlos fährt, genau wie bei der DB) kostet 2,5€.

Zug-Service und Catering (Essen!): Der Zug bestand aus zwei dreigliedrigen Elektro-Triebwagen und in jedem Treibwagen arbeitete ein Zugbegleiter, der nach jedem Bahnhof Fahrscheine kontrolliert und verkaufte und sich danach um das leibliche Wohl der Fahrgäste kümmerte. Beim Einsteigen viel ein großer Abstand (10 oder 15cm?) zwischen Türschwelle des Zuges und dem Bahnsteig auf. Eine Ansage weist die Fahrgäste auch vor jedem Bahnhof darauf hin. Zwischen zwei Sitzen lag jeweils eine Speisekarte, die auf ihrer Rückseite Werbung für eine Kette von Getränkemärkten enthielt. Deswegen hielt ich den Flyer zunächst für ein vergessenes Stück Papier und warf ihn weg. Erst als ich dann die Zugbegleiterin nach der Speisekarte fragte und sie mir noch so einen Zettel gab, ging mir ein Licht auf. Auf der Speisekarte standen dann ganz ähnliche Dinge, wie auf den Speisecaddy, die durch DB-Regionalzüge fahren, nur dass bei InterConnex alle Speisen und Getränke erst auf Bestellung an den Platz gebracht wurden. Es gab auch heiße Bockwürste und Instant-Nudelsuppe, von der ich eine genommen habe. Diese war ganz i.O., aber ein bisschen besseres Essen wäre schon schön. Beim Bäcker am Bahnhof hat man ja doch etwas mehr Auswahl. (Die belegten Brötchen und Baguettes habe ich nicht probiert oder gesehen.)

Fazit und der Haken daran: Alles in allem mag ich den InterConnex und seinen Service sehr. Als BahnCard-Besitzer ist er für mich natürlich kein Schnäppchen, ich bekomme ja mit ihm auch kein CityTicket, aber das Konzept welches sich wohl an Fluglinien (Business-Class) oder Reiselinienbusse (Fahrkartenverkauf und Reservierung) anlehnt finde ich wirklich gut. An die Flieger und Reisebusse angelehnt ist wohl aber auch der Fahrplan des InterConnex: er fährt nur einmal pro Tag und die Stralsund-Dresdener Linie fährt sogar nur am Wochenende. Und damit eignet er sich nur für Reisende, die ihre Reisezeit speziell an InterConnex anpassen, oder solche die gerade zufällig zu dieser Zeit reisen wollen (so wie ich). InterConnex hat also wirklich nur zwei Züge (ganze vier Triebwagen) im Betrieb: damit können sie natürlich nicht viele Menschen von A nach B transportieren. ;-( Die beiden Linien zeigen aber schon einmal, wie es auch gehen kann!

Dieser Aspekt erinnert mich doch schon ein bisschen an Google Mail und Google Talk: sehr gute Produkte, die aber viel zu wenige Menschen erreichen, um wirklich etwas zu verändern. Als funktionierendes System, das benutzt werden kann, ist es zwar besser, als ein nur angekündigtes System, aber was nützt das, wenn die meisten Menschen keinen Zugriff darauf haben.

18 September 2005

Internationale Fahrradmesse in Köln

Wer eine Messe in Köln besucht, sollte wissen, ob sie im West- (Hallen 1 bis 8, dem Rhein zugewandt) oder Ost-Teil (Hallen 9 bis 14) des Messegeländes stattfindet. Die beiden sind zwar durch Übergänge in der Etage verbunden, aber auf „Bodenhöhe“ durch eine Eisenbahnlinie und ein paar unbequeme Straßen getrennt. Wenn man am Hauptbahnhof aussteigt, klettert man am besten auf die Domplatte, denn von dort kommt man direkt zur Hohenzollernbrücke, der man bis an den Messebahnhof folgen kann. Dort gibt es dann ausgeschilderte Direktfußwege zu den einzelnen Messehallen. Und unterwegs kann man sich an den vorbeifahrenden Zügen auf der sechsgleisigen Brücke erfreuen.

Hier nun meine Beobachtungen:

  • Ich war so ungefähr von 14:30 bis 18:00 Uhr auf der Messe und habe die Hälfte aller Stände gesehen. Die Ausstellung ging über vier große Hallen und mangels Überblick kann ich nicht sagen, wie viel Stände mir entgangen sind.

  • Fast alle Räder haben Heute Rahmen aus Alu, selbst die „ganz guten“. Am Schwalbe-Stand war eines ausgestellt, das wenigstens noch spezielle Stahlgewinde ins Alu eingelassen hatte, so dass Schrauben besser halten. Eine Firma hat sich auch mit einer Magnesium-Legierung versucht, die sie in China „per Hand“ schweißen lassen, weil so etwas maschinell (angeblich?) nicht geht. Nur Brompton und Moulton bauen noch aus Stahl. Vom Brompton habe ich übrigens auch die Titan-Variante in die Hand genommen, die spürbar leichter ist als meines. (Allerdings auch ohne Gepäckträger.)

  • Kurz vor Schluss durfte ich auch noch mal kurz ein neues Brompton mit dem geraden Lenker zur Probe fahren. Dessen Vorbau ist wirklich deutlich steifer als bei meinem; ich habe es auch mit viel Kraft nicht zum Wackeln bekommen – mittelfristig werde ich wohl mein Brommi gegen so ein neues tauschen, denn der „Gummi-Lenker“ hat mich schon immer gestört.

  • Es gab besonders viele „Chopper“-Räder zu sehen (oder sagt man „Harley“ oder wie?). Die sahen ja oft wirklich nicht schlecht aus, aber mir ist gar nicht klar, wozu man so ein Rad verwenden soll: zum Sport ist der Rahmen natürlich überhaupt nicht geeignet und für alle anderen Zwecke fehlen Licht und Gepäck-Träger.

  • Ebenso stark vertreten waren die Elektro-Räder wobei fast alle Modelle einen Naben-Motor hatten. Dabei wachsen Fahrräder und Mofas zusammen: eines zum Beispiel sah aus wie ein Fahrrad, hatte aber Mofa-Technik an Bord (Teile der Gabel und so), während ein anderes mit einem Naben-Motor wie ein E-Rad ausgestattet war, aber die Bauform entsprach genau einem Motor-Roller (Scooter) mit einem breiten Sitz für zwei (mittelschwere) Personen, einem Durchstieg und kompletter Verkleidung. Ich durfte das Ding Probe fahren und es war total fetzig, lag gut in der Kurve, nur die Feder war viel zu schwach gedämpft, was beim z.B. beim Bremsen sehr störte.
    Übrigens hatten die E-Räder unabhängig von Hersteller und Bauform alle eine Reichweite um die 30 km. Für das Scooter-ähnliche Rad werden Treibstoffkosten von 1/25 eines Autos angegeben. (Die Leistung beträgt 1,1 kW, also weniger als 1/25 eines Autos, aber dafür wiegt es ja auch nur 80 kg.) Außerdem find ich toll, dass das Gefährt auch bei „Vollgas“ ganz leise ist und keinen lauten Motor-Leerlauf hat. (Ja überhaupt kein Getriebe!)

  • Das Thema Verkleidung bei Fahrrädern schien keine Rolle zu spielen. Nur HP Velotechnik stellte ein Rad mit seiner Vorderverkleidung „Streamer“ aus. Dabei halte ich eine Verkleidung eigentlich für wichtig, wenn man schnell fahren will und sich vor schlechtem Wetter schützen. Einige Spaß-Dreiräder habe ich gesehen und gedacht, dass ein Dreirad eigentlich ein guter Auto-Ersatz wäre, weil man eine Verkleidung anbringen kann, die nicht nur vorm Wetter schützt, sondern auch noch einen kleinen abschließbaren Kofferraum bietet. (Ich kenne jemanden, der sich das privat gebaut hat.) Übrigens hatte der E-Scooter auch zwei abschließbare Fächer, aber das größere hat nicht mal für einen Helm gereicht.

  • Es waren viele Taiwanesen da (vielleicht auch Chinesen), die nur Englisch sprachen (und das nicht immer flüssig) und einmal sprach ich auch mit Koreanern. Bei einem Taiwanesen habe ich ein Faltrad probiert, das laut Verkäufer dem Brompton ähnlich sei (was für den Faltmechanismus auch teilweise zu traf). Beim Falten desselben verletzte ich mir leicht die Hand und beim kräftigen Anfahren machte es so stark Männchen, dass mir fast schwindlig wurde. Das Hinterrad ist viel näher unterm Sattel als beim Brommi.

  • Die Koreaner hatten eine Modellpalette von Fahrrädern mit Kardan-Antrieb und vertreiben letzteren auch einzeln in Varianten für 20“ und 26“ Rahmen. Ein Faltrad mit Kardan gab es auch von Raleigh, das ging aber in den zig’ Modellen dieser Marke fast völlig unter.

  • Überhaupt haben viele Hersteller jetzt Falträder im Programm, aber eben nur aus Alu und das übliche Falt-Konzept, bei dem man sich die Finger einklemmt und das dann gefaltet nicht zusammen hält. Das eine taiwanesische Modell hielt gefaltet durch Schwerkraft zusammen (so wie das Brompton ungefaltet). Dahon habe ich leider auf der Messe gar nicht gefunden; muss mal im Prospekt nachschlagen ob sie überhaupt da waren.

  • Schließlich fand ich noch besonders lustig, dass an allen Eingängen Schilder herumstanden mit der Aufschrift „Das Einkaufen ist für Privatpersonen verboten.“ Denn das Verkaufen schien für die meisten asiatischen Aussteller Hauptbeschäftigung zu sein! Während die großen westlichen Marken, riesige Stände voller Fahrräder präsentierten, die am Ende der Messe noch genauso weit und breit umher standen, waren die kleinen asiatischen Stände bereits am späten Nachmittag fast leer und selbst noch vorhandene Räder durfte ich nicht ausprobieren, da „schon verkauft“. Als ich gerade ging, wurde eine Familie vom Sicherheitsdienst nicht herausgelassen, weil sie ein kleines Fahrrad gekauft hatten. Sie mussten damit zur „Clearingstelle“, wo sie dann wohl noch ein bisschen „gezöllt“ haben.
    Man muss allerdings dazu sagen, dass viele der Asiaten (noch) kein Vertriebsnetz in Deutschland haben. Viele haben auch Vertriebspartner gesucht.